Perfektionismus – Ein Risikofaktor für Burnout

Perfektionismus fängt für viele im Kleinen an: die richtige Ordnung im Bücherregal, die perfekt E-Mail-Signatur und stets die richtigen Unterlagen im Büro zur Hand. Perfektionisten wollen perfekte Leistungen bringen – erst in der Schule, dann in der Uni, privat und bei der Arbeit. Das klingt erst einmal gut, denn wer ist als Elternteil nicht stolz, wenn die Kinder freiwillig nach Höchstleistungen streben, und wer freut sich als Arbeitgeber nicht, wenn perfekte Leistungen erbracht werden.

Doch kommt Perfektionismus mit vielen Schattenseiten. So neigen Perfektionisten dazu, sich unerreichbare Ziele zu setzen, leiden häufig an Selbstzweifeln und einem geringen Selbstbewusstsein – bis hin zu Depressionen. Dr. Gordon Parker, Professor für Psychiatrie an der Universität von New South Wales in Australien hat festgestellt, dass Perfektionisten besonders anfällig für einen Burnout sind.  Die Frage „Was wenn ich nicht gut genug bin?“ geistert bei Perfektionisten nämlich immer im Hinterkopf herum und erzeugt oft unnötigen und selbstgemachten Stress. So wird der Perfektionismus schnell zu einer Bürde, die bis in den Burnout führen kann, wenn man dies nicht rechtzeitig erkennt und gegensteuert.

Perfektionismus als Burnout-Auslöser – warum ist das so?

Mann sitzt am Schreibtisch und stützt den Kopf mit den Händen

Kurz gesprochen: Perfektionismus sorgt für Dauerstress im Körper – bei der Arbeit und zuhause. Wer ständig unter Stress steht, der gerät in einen gefährlichen Kreislauf, bei dem der Körper einfach nicht mehr abschalten kann. Oft macht sich dann regelrechte Verzweiflung breit: Man versucht innerlich Pause zu machen, schafft es aber nicht. Darüber hinaus machen sich Menschen mit Perfektionismus selbst schlecht. Warum bin ich nicht so gut wie andere? Warum kann ich das nicht? Wieso gelingt mir nie, was ich mir vorgenommen habe? Statt dafür die überzogenen Erwartungen an sich selbst verantwortlich zu machen, schleichen sich Selbstzweifel ein und negatives Denken gewinnt die Überhand. Plötzlich ist man nicht nur körperlich erschöpft, weil man zu viel Zeit und Energie in die einzelnen Aufgaben investiert, sondern man erlebt darüber hinaus auch emotionale Erschöpfung.

Wie erkennt man, dass der Perfektionismus in den Burnout führt?

Halten wir also fest: Grundsätzlich ist es erst einmal gut, sich Ziele zu setzen und im Job sein Bestes zu geben. Es gibt aber einige Warnzeichen, die darauf hindeuten, dass jemand nicht nur perfektionistisch, sondern auch übermäßig selbstkritisch ist und die negativen Seiten des Perfektionismus überhand gewinnen. Dazu gehören Faktoren, wie die Unfähigkeit Entscheidungen zu treffen, schlichtweg, weil keine der Optionen 100% richtig erscheint. Manch einer neigt darüber hinaus dazu, risikobehaftete Situationen zu meiden, weil er oder sie es nicht ertragen kann, mit etwas zu scheitern. Man beginnt übermäßig lange Listen zu machen, um ja nichts zu vergessen, schiebt angstbehaftete Aufgaben auf. Auch Zynismus kann hier ein Merkmal sein. Manchmal verlangsamt sich sogar der Sprech- oder Leserhythmus, weil man zu sehr darauf konzentriert ist, bloß keinen Fehler zu machen. Viele werden hier bereits Überschneidungen mit einigen der typischen Warnzeichen für Depression oder Burnout erkennen.

Typische Zeichen für einen Burnout umfassen das anhaltende Gefühl abgestumpft oder emotional überfordert zu sein, tagtägliche Aufgaben erscheinen plötzlich sinnlos und man fühlt sich nicht wahrgenommen oder wertgeschätzt. Die Motivation fehlt, man fühlt sich hilflos und hoffnungslos und oft vollkommen erschöpft – egal wie viel man schläft. Wer das bei sich selbst beobachtet, der sollte nicht davor zurückscheuen, sich Hilfe zu suchen, sei es zunächst bei einer Vertrauensperson oder direkt beim Hausarzt, der weitere Schritte veranlassen kann.

Burnout – was tun?

Wer erst einmal in einem Burnout steckt, der kommt da nur sehr schwer selbst wieder heraus – schon alleine, weil der Körper oft völlig erschöpft ist und sich physisch und emotional erholen muss. Oft ist daher zunächst eine Krankschreibung notwendig. Ein erster Schritt ist daher der Besuch des Hausarztes, der dann entsprechende Untersuchungen anordnen kann, um körperliche Ursachen für die Erschöpfung wie zum Beispiel einen Nährstoffmangel auszuschließen. Reicht eine kurz Krankschreibung nicht aus, dann kann der Hausarzt zudem an einen Psychiater oder Psychotherapeuten verweisen, der weitere Therapieschritte einleiten kann. Neben Verhaltens- oder Psychotherapie gibt es beispielsweise auch spezielle Kur-Angebote für Patienten mit Burnout.

Darüber hinaus kann man selbst einiges tun, um die Situation erträglicher zu machen und Körper und Seele bei der Erholung zu unterstützen. Gesunde Ernährung und Bewegung sind wichtig für den Körper, jeder sollte da sein eigenes Fitnesslevel finden. Wer erschöpft ist, der neigt häufig dazu, sich zurückzuziehen. Doch sollte man bei Burnout die Sozialkontakte nicht komplett vernachlässigen, sondern Zeit mit Menschen verbringen, bei denen man sich wohl fühlt und die einen nicht stressen. Das hilft dabei die richtige Balance zu finden. Die ist in Berufs- und Privatleben wichtig und wer trotz Burnout weiterarbeitet, der muss sichergehen, dass er oder sie nicht mit Projekten überlastet wird, regelmäßige Arbeitszeiten hat und den Computer tatsächlich immer rechtzeitig ausschaltet. Das sollte man entsprechend mit dem Vorgesetzten abklären.

Kreativität kann ebenfalls ein wichtiges Werkzeug sein – sei es das Führen eines Tagebuchs, Musik, Basteln, Malen, Kochen oder im Garten die Hände schmutzig machen. Perfektionisten aufgepasst! Das heißt definitiv nicht, dass man sich ein neues Hobby sucht, bei dem man wieder alles perfekt machen muss. Genau das Gegenteil ist der Fall: einfach mal treiben lassen ist hier der Schlüssel.

Expertentipps, um einen Perfektionismus bedingten Burnout zu vermeiden

Grundsätzlich ist es aber natürlich besser, es gar nicht erst zum Burnout kommen zu lassen. Was kann man also gegen den leidigen Perfektionismus tun? Und wie vermeidet man trotz Erfolgsstreben den Weg in den Burnout? Wer unter Perfektionismus leidet, der sollte entsprechende Methoden entwickeln, um sich nicht mit überzogenen Selbstansprüchen in den Burnout zu treiben.

Frau in einem Wirbel von Unterlagen

1. Realistisch bleiben

Man sollte sich immer wieder daran erinnern, dass man zwar sein Bestes geben sollte, aber jeder Fehler macht. Selbst wenn man alles richtig gemacht hat, kann es immer passieren, dass etwas schief geht. Man kann nicht immer alles unter Kontrolle haben. Man sollte also nicht nur sich selbst betrachten, sondern auch die generellen Umstände.

2. Kompromisse mit sich selbst eingehen

Wie viele nicht perfekte Ergebnisse sind akzeptabel für einen? Wo muss man für sich selbst die Grenze ziehen? Man sollte sich einen klaren Rahmen stecken, in dem man sich bewegt – nach unten, was die nicht perfekten Ergebnisse angeht, und nach oben, um zu vermeiden, dass man sich völlig unrealistische Ziele und Erwartungen setzt.

3. Nicht schweigen

Wer sich ausgelaugt, müde und erschöpft ist, der sollte das auch äußern – zumindest gegenüber einer Vertrauensperson, falls notwendig aber auch gegenüber dem oder der Vorgesetzten, um zeitweise beispielsweise die Arbeitslast zu verringern oder bessere Strukturen zu etablieren, die es einem erlauben, die notwendigen Pausen zu machen. Oft tun wir uns da schwer, weil wir das Gefühl haben, dass wir im Job keine Schwäche zeigen dürfen. Doch für Unternehmen ist es nicht hilfreich, wenn Mitarbeiter*innen es verschweigen, wenn es ihnen einmal nicht so gut geht. Wird es so schlimm, dass sie tatsächlich einen Burnout haben, dann fallen sie nämlich gegebenenfalls lange aus und der Schaden ist für das Unternehmen größer. Entsprechend sollten Unternehmen die richtigen Strukturen und das richtige Klima schaffen, die es Mitarbeiter*innen erlauben, ihre Probleme zu äußern.

4. Zeitmanagement

ist grundsätzlich wichtig im Berufsalltag, aber es umso bedeutender, wenn man sich schnell überwältigt fühlt – zum Beispiel, weil man jede Aufgabe perfekt machen will und dann viel zu viel Zeit dafür aufwendet. Feste Zeitpläne sind hier das A und O, auch wenn das Ergebnis dann eben nur hervorragend und nicht perfekt ist. Zum Zeitmanagement gehören darüber hinaus regelmäßige Pausen und reguläre Arbeitszeiten. Das heißt: Man sollte keine Überstunden schieben, nur weil man in seinem Perfektionismus glaubt, man könnte die PowerPoint noch schöner gestalten oder man müsste die Kalkulation noch ein fünftes Mal prüfen.

5. Veränderungen in der Denkweise

Langfristig ist es notwendig, die eigenen Denkmuster und Verhaltensweisen zu ändern, um dem Kreislauf aus Perfektionismus und Burnout zu entkommen. So müssen Perfektionisten ihr Schwarz-Weiß-Denken beseitigen, ein Fehler kommt nicht einer Katastrophe gleich. Wer nämlich in diesem Denken verhaftet ist, bekommt schnell Angstzustände bis hin zur Handlungsunfähigkeit. Auch müssen Perfektionisten lernen, nicht tage- oder wochenlang über vergangene Fehler zu grübeln, denn das führt zu weiteren Selbstzweifeln. Derartige Denkmuster zu beseitigen ist nicht einfach und so ist es manchmal notwendig mit einem Therapeuten oder Coach zusammenzuarbeiten. Darüber hinaus gibt es aber einige Tricks, um den Denkprozess im Gehirn zu unterbrechen. Manche Experten empfehlen zum Beispiel, ein Gummiband um das Handgelenk zu tragen und das kurz zurückschnappen zu lassen, wenn man sich dabei erwischt, dass das Hirn wieder einmal Kreise um ein Problem zieht. Probieren Sie es einmal aus!

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