Freundschaften im Job sind ein heikles Thema: Zum einen kann es das Betriebsklima und die Leistungsfähigkeit fördern, zum anderen können Freundschaften aber auch zu Problemen führen. So können sich andere Mitarbeiter ausgeschlossen fühlen oder es entsteht der Anschein, dass Manager ihre Freunde im Team anderen gegenüber bevorzugen. Barrieren zwischen Beruflichem und Privatem brechen weg und private Probleme können das Unternehmensklima vergiften. Wie sollten also Mitarbeiter selbst und Unternehmen mit Freundschaften im Job umgehen? Was sind die positiven Aspekte und wo ist Vorsicht geboten? Wo sollte man Grenzen ziehen, um die positiven Aspekte von Freundschaften im Job zu nutzen – ohne dadurch neue Probleme zu schaffen?
Schauen wir auf zwei Beispiele aus dem wahren Leben. Die Namen wurden hier geändert:
Beispiel 1: Misslungener Versuch einer Freundschaft
Hanna hat eine neue Mitarbeiterin in ihrem Team, die gerade in die Stadt gezogen ist und sich einsam fühlt. Die Kollegen im Unternehmen verstehen sich alle gut, gehen nach der Arbeit manchmal zusammen essen und haben sich beispielsweise zum Grillabend im Sommer auch schon öfters im Privatleben getroffen. Hanna beschließt die neue Mitarbeiterin in diesen Kreis einzubinden und organisiert sogar ein Abendessen bei sich zuhause, zu dem alle Kollegen eingeladen sind. Sie hofft, dass die Kollegin die anderen im Team besser kennenlernt und sich im Team schnell wohl fühlt.
Für einige Wochen läuft es gut, doch kaum ist die Probezeit vorbei, zeigt sich, dass die Leistung der neuen Mitarbeiterin nachlässt. Sie macht zunehmend ihrer Unzufriedenheit Luft. Hanna als Managerin versucht sie so gut es geht zu unterstützen, doch ohne Erfolg. Sie läuft gegen eine Wand. Die Stimmung im Team schlägt um, man trifft sich zwar noch privat, doch die neue Kollegin will keiner mehr einladen. Kommentare machen die Runde, dass die neue Kollegin sich ständig beschwert und bei verschiedenen Gelegenheiten über Hanna und andere Teammitglieder gelästert hat.
Das zieht sich erneut über Wochen hin. Die neue Kollegin beginnt sich wegen psychischer Probleme krank zu melden. Schließlich ist die Personalabteilung involviert. Die neue Mitarbeiterin hat sich beschwert, dass das Team sie ausschließt, die Schuld sieht sie bei Hanna. Was ist schiefgelaufen? Am Ende sind sich weder Hanna noch die anderen Kollegen sicher, was genau passiert ist. Hanna aber zieht eine Konsequenz: Freundschaften auf der Arbeit sind für sie nicht länger eine Option. Der emotionale Stress war zu viel.
Beispiel 2: Freunde als Unterstützernetzwerk
Melissa und Julia sind seit längerem Kollegen, neben der Arbeit quatschen sie gerne einmal in der Kaffeepause. Nach und nach besprechen sie neben der Arbeit auch private Themen: die Pläne für das Wochenende, der letzte Urlaub, Probleme mit den Kindern etc. Aus den Gesprächen entwickelt sich langsam eine Vertrauensbasis und sie beginnen auch über ernstere Themen zu sprechen. Irgendwann erzählt Melissa, dass sie in letzter Zeit Probleme mit der Konzentration hat, sich bei der Arbeit übermäßig belastet fühlt und nachts nicht mehr gut schläft. Insbesondere der Weg zur Arbeit stresst sie und sie würde lieber wieder zwei Tage die Woche aus dem Homeoffice arbeiten, weil sie damit zu kämpfen hat, sich in der lauten Büroumgebung auf wichtige Kalkulationen zu konzentrieren. Sie hat Sorgen, dass sich dies langfristig auf ihre Arbeitsleistung und Karriere auswirkt.
Julia ergreift die Initiative. Zunächst tauscht sie mit Melissa den Schreibtisch, so dass Melissa in einer ruhigeren Ecke des Büros arbeiten kann. Später fragt sie in einem Teammeeting den Manager, welche Möglichkeiten des Homeoffices das Unternehmen derzeit bietet und wie man dies am besten beantragt. Sie fragt zudem nach Wellness-Programmen und wie das Unternehmen die psychische Gesundheit der Mitarbeiter besser unterstützen kann. Sie hat das vorher mit Melissa besprochen, die davor zurückscheut, diese Fragen selbst zu stellen.
Anschließend unterstützt Julia Melissa dabei, das Gespräch mit dem Chef zu suchen. Melissa hat jetzt einen flexibleren Arbeitsplan und kann an Tagen, in denen sie ruhig arbeiten muss, von zuhause arbeiten. Sie ist seitdem entspannter und die Arbeit läuft wieder. Die Freundschaft hat nicht nur dafür gesorgt, dass sich Melissa im Team wieder zuhause fühlt, sie weiß auch, dass sie sich bei Problemen auf die Kollegin verlassen kann.